Lavaredo Ultratrail 2021

27. Juni 2021

Lavaredo Ultratrail 2021

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Ganze 16 Monate musste unser Gipfelstürmer und Ultrarunner Stefan seit dem „Trail du Petit Ballon" im Frühling 2020 auf ein internationales Trailrunning-Event warten, einziger Lichtblick war zwischendurch der regionale Neideck 1000 in der fränkischen Schweiz. Umso größer war die Vorfreude auf den Lavaredo Ultratrail in den Dolomiten.

Stefan schildert euch den Lauf und das Erlebnis aus seiner Perspektive – Gratulation zu dieser tollen Leistung und Platz 273 in einer Laufzeit von 21:05 h ...

 

GIPFELSTÜRMER STEFAN: Der Lavaredo Ultratrail war schon lange auf meiner Wunschliste gestanden. Im ersten Jahr hat es bei dem sehr nachgefragten Lauf am Losglück gefehlt und im Jahre 2020 machte die Corona-Epidemie einen Strich durch die Rechnung. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so durfte ich mich dieses Jahr auf die Reise nach Cortina d'Ampezzo begeben.

Der Lauf ist durchaus spektakulär wie die Landschaft selbst. Auf den 120km mit 5.800 hm kann man gar nicht mehr Highlights der Dolomiten sehen, erlaufen und erleben. Sicherlich auch ein Grund, warum der Lauf internationales Publikum regelrecht in seinen Bann zieht.

Punkt 23 Uhr ging es mitten im Zentrum von Cortina los. In diesem Jahr wurde das Starterfeld wegen COVID in 3 verschiede Startblöcke aufgeteilt, um das Gedränge im Läuferfeld besser in den Griff zu bekommen. Es gab kein Drängen und Schubsen - die Aufteilung in die Startblocks fand ich als durchaus angenehm - könnte man auch zukünftig gerne so beibehalten.

Anfangs war ein Laufen noch ohne Stirnlampe möglich, denn die ersten Kilometer verliefen noch auf kleinen geteerten und zum Teil beleuchteten Sträßchen. Doch irgendwann verschluckte uns die Dunkelheit und somit knipste ich meine Stirnlampe an, die mir zuverlässig den Weg in den folgenden Stunden ausleuchtete. Die Stimmung in der Nacht war in dem Jahr besonders magisch, da sternenklarer Himmel und Vollmond die Berge in ein ganz besonderes Licht tauchten.

Es ging etliche Berge bergauf und bergab - und der fehlende Schlaf machte mir zumindest in den frühen Morgenstunden schon etwas zu schaffen. Aufsteigende Müdigkeit und häufiges Stolpern gestalteten die letzten Kilometer vor Sonnenaufgang etwas schwieriger als erhofft. Ich versuchte aber dennoch das Tempo einigermaßen hochzuhalten da ich mir fest vorgenommen hatte, den Sonnenaufgang bei den Drei Zinnen zu erleben.

An der Verpflegungsstation in Misurina (letzte Verpflegung vor den Drei Zinnen) konnte ich meine Reserven wieder auffüllen und nahm mir etwas mehr Zeit fürs Essen als bei den Check-Points zuvor. Da es jedoch relativ kalt war, ließ ich mir, um nicht auszukühlen, meine mitgenommene Zipp-Plastikbag noch mit Brot & Salami auffüllen, um dann mein "Frühstück" gehend einzunehmen.

Großes Ziel war, rechtzeitig zum Sonnenaufgang bei den Drei Zinnen anzukommen, was mir auch gelang und das erste große Highlight des Laufes war. Ich nahm mir hier auch die ein oder andere Minute Zeit, um den gewaltigen Fernblick zu genießen und das ein oder andere Foto bzw. Video zu machen.

An den Drei Zinnen war auch gleichzeitig die höchste Stelle im Rennen mit 2.440 m geschafft. Von dort aus ging es dann 1.000 hm am Stück bergab bis zur Verpflegungsstelle in Cimabanche wo auch die Drop-Bags mit Wechselkleidung aller Läufer aufbewahrt wurden. Gerade die leicht ansteigenden letzten Kilometer bis zur Verpflegung fielen mir schon etwas schwerer und ich musste im Wechsel gehen bzw. laufen. An dieser Stelle war dann auch grob gesagt Halbzeit und ich hatte nur noch den Gedanken und das Ziel, das Rennen noch "schnell durchzuziehen". Hätte ich dort gewusst, was noch alles auf mich wartet, hätte ich das Wort "schnell" ganz schnell aus meinem Kopf gestrichen.

Die zweite Hälft des Rennens waren geprägt von Hitze und langen, nicht enden wollenden Anstiegen. Es mussten Schneefelder überschritten werden und Flüsse durchquert werden. Die Beine wurden schwerer und so fiel mir schon das Bergablaufen recht schwer. Die Müdigkeit kehrte wieder zurück und ich war froh, ihr mit einem koffeinhaltigen Gel antworten zu können. Es war ein langer und zäher Kampf und auf den letzten 25km machte sich auch der Schlafmangel psychisch bemerkbar. Ein Teil von mir bildete sich fest ein, die Strecke schon mal gelaufen zu sein, während der "rational" denkende Teil in mir sagte, dass hier noch nie gewesen war. Es ging also ein innerlicher Kampf in meinem Kopf los, wie eine Kassette, die man immer wieder von vorne zu spielen beginnt. Mir war klar, dass ich diese nicht enden wollende Schleife nur mit einem kurzen Schlaf aus meinem Kopf bekommen konnte - aber das macht so kurz vor Ziel ja keinen Sinn mehr.

Als ich Cortina beim Überschreiten des letzten Grats unten vor mir liegen sah, war ich doch sehr erleichtert. Es waren zwar dann noch ca. 12 km bis ins Ziel und jeder Schritt brachte mich der Ziellinie etwas näher. Nach 21 Stunden und 5 Minuten durfte ich diese bei wahnsinnig toller Stimmung in Cortina dann überqueren. Glücklich, zufrieden, dankbar und hundemüde.

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